LED-Rollenoffset-Druck
Gas aus, Licht an!

Der Green Deal der EU ist keine Ideologie, sondern ein berechenbarer Industrieplan zur Stärkung der EU-Wirtschaft. Während sich kleine Unternehmen oft noch orientieren, hat der Mittelstand, auch in der Druckbranche, die meisten Maßnahmen als zielführend und zukunftsweisend identifiziert. Einige leisten sogar Pionierarbeit: Die Industriedruckerei L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG wird ihre bisherige Gastrocknung vollständig auf eine individuell konfigurierte LED-Trocknung umrüsten. So können jährlich Hunderte Tonnen CO₂ eingespart werden (Dekarbonisierung).

LED-Trocknung im Rollenoffsetdruck
Bild: Individuell konfigurierte LED-Applikation ersetzt die bisherige Gastrocknung. So spart die Industriedruckerei L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG jährlich Hunderte Tonnen CO₂.
Bild: Individuell konfigurierte LED-Applikation ersetzt die bisherige Gastrocknung. So spart die Industriedruckerei L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG jährlich Hunderte Tonnen CO₂.

Die nachhaltige Transformation (Dekarbonisierung der Wirtschaft) ist ein weltweiter Paradigmenwechsel, unter Beteiligung aller bedeutenden Industrienationen – immer häufiger auch in Verbindung mit der 5. Industriellen Revolution genannt. Dieses Jahrhunderprojekt wird auch in Deutschland von der Wirtschaft getragen. Führende Verbände und Organisationen, z. B. VDA, ZDH, DWI, DIHK oder zentrale Stiftungen wie KlimaWirtschaft (Appell sowie Zitate) oder Dachverbände wie der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e. V. bekennen sich zur nachhaltigen Transformation und beteiligen sich teils an der regulativen Ausgestaltung. In der Druck- und Medienbranche sind es Unternehmen wie die Industriedruckerei L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG, die mit eigenen Innovationen vorangeht und andere motiviert. Schaffrath will bis Ende 2024 seine Maschinenflotte „ready to go“ für die LED-Trocknung machen – eine im Vergleich zur Gastrocknung signifikant umweltfreundlichere Methode.

So wird das Unternehmen jährlich Hunderte Tonnen CO₂ einsparen.  

Basis: Der Europäische Green Deal

Der Europäische Green Deal ist eine Headline für ein Bündel von Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz, besonders zur Dekarbonisierung der Wirtschaft in der EU. Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen soll im internationalen Handel gestärkt werden – und auch die Rechte von EU-Bürger:innen. Zum Maßnahmenpaket zählen u. a.:

  • Aktionspläne für die Kreislaufwirtschaft,
  • Bestimmungen zum Recht auf Reparatur,
  • das Lieferkettensorgfaltsgesetz (LkSG, bzw. CSDDD = Corporate Sustainability Due Diligence Directive),
  • die CSR-Berichtspflicht für zunehmend kleinere Unternehmen,
  • die Stärkung von Verbraucherrechten (Green Claim Directive),
  • Maßnahmen zur Förderung des nachhaltigen Finanzwesens (Stichwort EU Taxonomie),
  • die Förderung der Bio-Landwirtschaft oder z. B. auch
  • das CO₂-Grenzausgleichsgesetz (CBAM, Carbon Border Adjustment Mechanism), um innerhalb der EU den faireren Handel zu fördern – ein Mechanismus, der künftig auch international wirken soll.

Viele dieser Maßnahmen greifen kaskadenartig ineinander, bauen aufeinander auf und werden fortlaufend in demokratischen Prozessen optimiert.

 
EU-Greendeal für die Druck- und Medienbranche

Der Green Deal der EU fasst ein Bündel von Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz zusammen, mit unmittelbaren Auswirkungen auch auf die Druck- und Medienbranche. Bildquelle: Fotomontage UmDEX.

Würgt der Green Deal die deutsche Wirtschaft ab? 

Die Stimmungslage in der Wirtschaft und in der EU-Bevölkerung ist teilweise noch kritisch. Der Green Deal ist für alle Unternehmen in der EU eine Herausforderung und bringt finanzielle und personelle Mehraufwände mit sich. Gelegentlich werden entsprechende Umwelt- und Klimaschutzsiegel sowie Standards auch in unserer Branche z. B. in Publikationen öffentlich relativiert

Das Gros der Wirtschaft setzt allerdings auf mittelfristig stabile, wenn nicht deutlich sinkende Energiepreise. Expert:innen prognostizieren Hunderttausende neue Arbeitsplätze in der Green Economy. Die Wirtschaft in der EU weiß, dass Energie-Souveränität, Arbeitsmarkteffekte und die Wertschöpfung von Energie (Energiereichtum) wesentliche Faktoren im internationalen Wettbewerb sind. 

Der Blick auf das internationale Parkett zeigt, wie wichtig entschlossenes Handeln ist, damit die Wirtschaftsmacht EU global wettbewerbsfähig bleibt. Erinnern wir uns: Den Anschluss an die Digitalbranche, mit Millionen von sicheren Arbeitsplätzen und Billionen-Umsätzen, hat die EU-Wirtschaft fast vollständig verloren. Nach Ansicht von Expert:innen darf sich das bei der Green Economy nicht wiederholen. Besonders für Deutschlands Schlüsselindustrien, wie die Automobilbranche, wäre das fatal. Die globale Bedeutung der hiesigen Wirtschaft würde weiter erodieren.

Andere Länder sind bei der nachhaltigen Transformation äußerst ambitioniert!

Ein Beispiel: Die USA haben 2023 den sog. Inflation Reduction Act, ein Konjunkturprogramm für die landeseigene Green Economy, angeschoben. Die US-Regierung verspricht sich davon neue Einnahmen von rund 740 Milliarden Dollar, denen Gesamtinvestitionen von rund 440 Milliarden Dollar gegenüberstehen. Auch China  vergrößert seinen Vorsprung bei den Erneuerbaren. Da zuletzt Unternehmen u. a. in die USA oder nach China abwanderten, hat die EU den Green Deal Industrial Plan verabschiedet: einen erweiterten Industrieplan zum europäischen grünen Deal. So soll Europas CO₂-neutrale Industrie wettbewerbsfähiger und der Übergang zur Klimaneutralität beschleunigt werden. 

Die Europäische Union will bis 2050 als erster „Kontinent“ klimaneutral werden. Solche großen Visionen braucht es auch!

So werden 170 Milliarden Euro zusätzlich zu den 477 Milliarden Euro jährlich für die Erreichung der EU-Klimaziele eingeplant. Nebst 300 Milliarden Euro bis 2030 für das Repower-EU-Programm (u. a. Reduzierung der Abhängigkeit von russischem Gas), bei dem Fördermittel von 45 Milliarden Euro, entsprechende Investitionen von mehr als 150 Milliarden anstoßen sollen. 

 
Druckerei L.N. Schaffrath

Geschäfts- und Produktionsgebäude der Industriedruckerei L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG. Bildquelle: Schaffrath

Druckerei Schaffrath: Pioniergeist, Werte und Haltung

Auch führende Mittelständler und Industrieunternehmen in der grafischen Industrie kennen die Bedeutung der nachhaltigen Transformation. Motivatoren sind keine Ideologien, sondern präzise und quantifizierbare ökologische und ökonomische Vorteile.
Der nordrhein-westfälische Mediendienstleister Schaffrath sieht sich zwar auch als vom Green Deal betroffenes und belastetes Unternehmen, identifiziert sich jedoch zentral als an der Transformation beteiligt.

Dieses WIR-Gefühl innerhalb der gesamten EU-Wirtschaft ist eine tragende Säule des Green Deals.

Schaffrath kommt nicht nur dem nach, was im Umwelt- und Klimaschutz gesetzlich gefordert wird – das Maßnahmenpaket des Mediendienstleisters reicht sehr viel weiter. Von dieser vorausschauenden Agenda profitieren die Kund:innen unmittelbar: zum Beispiel durch die Möglichkeit, die eigenen Lieferketten zu optimieren. Oder durch hochwertige, offizielle und vertrauenswürdige Siegel auf den eigenen Druckwerken, um Werte und Haltung zu demonstrieren. Schaffrath ist autorisiert, bestimmte Druckprodukte mit Siegeln wie dem EU Ecolabel oder mit dem Best-in-Class-Druckproduktlabel Blauer Engel DE-UZ 195 zu kennzeichnen. 

 
Produktion bei Druckerei Schaffrath

Magazinproduktion (Finishing) bei der Druckerei Schaffrath. Bildquelle: Schaffrath.

Magazindruck auf drei Rollenoffset-Druckmaschinen

Schaffrath produziert vornehmlich Magazine in Auflagen ab circa 10.000 Stück, bis hin zu Millionen Exemplaren. Die gesamte Produktionsumgebung wird laufend nachhaltig optimiert. Bisher hat die Druckerei auf zwei Rollenoffset-Druckmaschinen (KBA, C 16 – 4 DDW sowie KBA, C 48 – 4 DDW) produziert. Ab Frühjahr 2024 läuft eine dritte Maschine (KBA, C 32 – 4 DDW) an.

Im Jahr 2022 ist dem Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit ein Clou gelungen, der signifikant auf seine Dekarbonisierungs-Strategie einzahlt.

Seit Oktober 2022 hat Schaffrath das klassische Rotationsdruckverfahren (Heatset) durch eine erheblich nachhaltigere technische Komponente modifiziert. Das Motto:

„Gas aus, Licht an!“

So formuliert es Mitgeschäftsführer Alexander Hornen und meint damit die Umstellung der konventionellen Gastrocknung auf LED-Lichthärtung. Das bringt signifikante CO₂-Einsparungen von Hunderten Tonnen CO₂ jährlich mit sich, nachdem alle Maschinen entsprechend umgerüstet wurden. 

 
LED-Trocknung im Rollenoffsetdruck

LED-Aggregat für die Lichthärtung. Die Papierbahnen werden hier bei einer maximalen Laufgeschwindigkeit von 11,2 Metern pro Sekunde getrocknet. Bildquelle: Schaffrath.

Pionierarbeit für den Umwelt- und Klimaschutz

Schaffrath hat im Jahr 2022 ein interdisziplinäres Team von Expert:innen mit dem Ziel zusammengestellt, die für Rollenoffsetdruckereien übliche Gastrocknung durch eine individuell entwickelte, wesentlich umweltfreundlichere LED-Komponente (LED-Lichthärtung) zu ersetzen. Bisher kam dieses Verfahren fast ausschließlich im Bogenoffset-Segment zum Tragen – für den Rollenoffset-Druck war diese exklusiv für Schaffrath entwickelte Komponente eine kleine Revolution.  

 
LED-Rllenoffset.

LED-Applikation zur Härtung der Druckfarben, mit geringem Energieverbrauch. Ersetzt den bisherigen Gasverbrauch vollständig. So spart das Unternehmen künftig Hunderte Tonnen CO2-Emissionen jährlich. Bildquelle: Schaffrath.

Dabei konnten die Expert:innen nicht auf fix und fertig entwickelte technologische Komponenten „von der Stange“ zurückgreifen. Eine besondere Herausforderung war es,

  • die eigene, individuelle Maschinenkonfiguration
  • mit einer individuell konfigurierten technischen LED-Applikation,
  • dem richtigen Farbsystem und
  • mit unterschiedlichsten Papiersorten zu kalibrieren. 

An der Entwicklung beteiligt waren: 

  • ein wechselndes Team von Expert:innen des Druckmaschinenherstellers Koenig & Bauer GmbH, 
  • Techniker der LED-Applikation von Eltosch (Dr. Hönle AG) sowie 
  • Expert:innen verschiedener Farbsystemhersteller, u. a. von der Hubergroup Deutschland GmbH, Flint CPS Inks Germany GmbH, von Toyo Ink. Europe, Jänecke+Schneemann Druckfarben GmbH, Siegwerk Druckfarben AG & Co. und weitere. 

So ist das Unternehmen aktuell die erste Rollenoffsetdruckerei in Deutschland mit einem derartigen LED-Lichthärtungs-Aggregat und produziert entsprechende Druckprodukte bereits seit einem Jahr. In Summe aller ökologischen, ökonomischen und qualitativen Vorteile klingt das, so ein Kunde wörtlich „… beinahe zu schön, um wahr zu sein!“  

Sichtbar bessere Druckqualität 

Abseits der signifikanten Vorteile für den Umwelt- und Klimaschutz, profitieren die Schaffrath-Kund:innen außerdem von sichtbar besseren Druckergebnissen (Farbtiefe, Brillanz, kein Auswachsen im Inhalt) sowie von einer spürbar verbesserten Haptik (keine Wellenbildung), nebst schnelleren Produktionszeiten. Selbst beim Bedrucken von Natur- oder Recyclingpapieren fallen die besseren Druckqualitäten sofort ins Auge. 

In seinem Kundenmagazin GESCHAFFT! – Ausgabe 01/2023, ab Seite 10 ff – finden sich die ersten Feedbacks zur Druckqualität aus Sicht zufriedener Kund:innen.

 
GESCHAFFT! Kundenmagazin der Druckerei Schaffrath

Diverse Ausgaben des ca. zweimal jährlich erscheinenden Kundenmagazin des Mediendienstleisters L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG. Bildquelle: Fotomontage UmDEX.

Nächster Halt: Der Blaue Engel für den LED-Rollenoffset-Druck

Für bisher im Heatset-Verfahren hergestellte Druckprodukte konnte Schaffrath bereits eine große Palette von produzierten Druckerzeugnissen mit dem Druckproduktlabel Blauer Engel DE-UZ 195 labeln. Das schließt die Recyclingfähigkeit entsprechender Drucksachen ein. Das Unternehmen steht mit der Vergabestelle des Druckproduktlabels, RAL, bezüglich einer auf die LED-Lichthärtung angepassten Genehmigung im ständigen Austausch.

Bis zur Freigabe werden Druckprodukte, die mit dem Blauen Engel DE-UZ 195 gelabelt werden sollen, im konventionellen Heatset-Verfahren mit Gas getrocknet. Aufgrund der signifikanten ökologischen Vorteile der neuen LED-Trocknung klingt das paradox. Doch muss die Vergabestelle für den Blauen Engel vor der Freigabe diverse Bereiche, bis hinein in den Arbeitsschutz, berücksichtigen. Auch bei diesem Prozess leistet Schaffrath Pionierarbeit und trägt Prüfergebnisse und Bescheinigungen bei, etwa bezogen auf die Recyclingfähigkeit und die Deinkbarkeit. 

Die Chancen auf eine Zulassung für die Zertifizierbarkeit LED-gehärteter Rollenoffset-Druckprodukte stehen gut, denn: Beim neuen Verfahren zahlen die signifikant verbesserten CO₂-Emissionswerte (Verzicht auf Gas) stark auf die Dekarbonisierungs-Ziele der EU ein. Die Energieverbräuche der LED-Lampen fallen demgegenüber kaum ins Gewicht.

 
RAL-Gebäude

Verwaltungsgebäude der Vergabestelle für den Blauen Engel DE-UZ 195 (Druckproduktlabel): RAL. Bildquelle: RAL

Daneben dürften weitere Vorteile auf die Zertifizierbarkeit einzahlen – auch im direkten Vergleich mit dem konventionellen UV-Druck, zum Beispiel: 

  • Energieeinsparung von 70 bis 90 Prozent. 
  • Die LED-Strahler haben eine lange Lebensdauer (bis zur zehnfachen Standzeit gegenüber klassischen, konventionellen UV-Strahlern).
  • Deutlich weniger Makulatur in den Andruckphasen.
  • Kein Silikon notwendig.
  • Es entsteht kein Ozon. Die Aerosolbildung liegt weit unterhalb der Grenzwerte (eine Prüfung durch BG ist erfolgt). Eine Absaugung entfällt also.
  • Selbst unter ungünstigen Härtungsbedingungen besteht keine Gesundheitsgefährdung durch die Farbe, auch nicht während des Druckprozesses.
  • Die LED-Farbe ist geruchsneutral und grundsätzlich VOC-frei.
  • Die zuvor eingesetzten Waschmittel aus dem Heatset-Druckverfahren können weiterhin eingesetzt werden. Eine Umstellung auf aggressivere Mittel konnte vermieden werden.
  • Der Aushärtungsprozess ist bei der verwendeten LED-Technologie stabiler und präziser als bei herkömmlichen UV-Anwendungen: Die Stabilität der entsprechenden LED-Dioden ist höher als bei jeder konventionellen UV-Lampe.
  • Die bei Schaffrath zur Anwendung kommenden UV-Farben werden nicht aus Stoffen hergestellt, die als giftig eingestuft sind.
  • UV-Farben müssen wie konventionelle Druckfarben im PSO 12647-2 kalibriert werden. Die Farbenhersteller müssen bei UV-Farben den Standard 2846-1 einhalten.

Gespräch mit Geschäftsführer Alexander Hornen

 
Alexander Hornen

Alexander Hornen, Mitgeschäftsführer bei der L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG. Bildquelle: Schaffrath

Kann das wirklich sein? Sichtbar bessere Druckqualität, keine gesundheitlichen Gefährdungen und zugleich signifikant nachhaltigere Druckprodukte? 

Gut, die enormen Effekte bei der Einsparung von CO₂ sind plausibel, weil hier der Gashahn vollständig zugedreht wird. Doch wie steht es mit der Recyclierbarkeit bzw. dem Deinking beim LED-Druck – ein wichtiges Thema, das in diesem Zusammenhang in der Vergangenheit kontrovers diskutiert wurde – wollten wir wissen:

Alexander Hornen: Wir haben u. a. der TU Darmstadt Bogen aus der Produktion geschickt – mit unterschiedlichen Papieren und Farben, die wir getestet haben. Die Deinking-Ergebnisse liegen zwischen 90 und 100 von 100 Punkten. Wir haben auch mit der INGEDE (Internationale Forschungsgemeinschaft Deinking-Technik, ein Zusammenschluss führender, europäischer Papierhersteller) Tests gemacht und auch unserem Entsorgungspartner Muster zugeschickt, mit der Bitte um Prüfung. Die Resonanzen waren positiv.

Und der Mitarbeiterschutz?

Alexander Hornen: Das war ein zentrales Thema für uns! Wir sehen uns gemeinsam mit der Berufsgenossenschaft in der Verpflichtung. Darum haben wir mit Blick auf Aerosole, Papier- und Farbstaub umfangreiche Tests gemacht. Nach allem, was wir bisher wissen, ist auch hier alles im grünen Bereich.

Durch diese Substituierung bei der Trocknung der Druckprodukte von Gas auf Lichttrocknung können Hunderte Tonnen CO₂ eingespart werden!?

Alexander Hornen: Ja, die Effekte für den Umwelt- und Klimaschutz sind signifikant: Nach vollständiger Umstellung wird der Gasverbrauch aller Druckmaschinen um 100 Prozent, auf 0,00 Prozent reduziert.

Eine kleine Revolution im Druckmarkt!?

Alexander Hornen: Soweit würde ich nicht gehen. Ich nenne das vielmehr eine unserer Antworten auf wesentliche Fragen zum Umwelt- und Klimaschutz.

Wann wird die gesamte Flotte umgerüstet sein?

Alexander Hornen: Die ersten Maschinen sind es bereits! Schon seit Oktober 2022. Wir fahren mit der C 16 seit Januar 2023 bereits mindestens zwei LED-Strecken, mit einem Anteil von circa 25 Prozent am Gesamtvolumen dieser Maschine.

Warum stellen Sie nicht gleich alle Maschinen um?

Alexander Hornen: Wir können Druckprodukte mit dem speziellen Druckproduktlabel Blauer Engel DE-UZ 195 auszeichnen, aber derzeit nur bei der bisher im Rollenoffsetdruck bekannten Methode der Gastrocknung. Die LED-Lichthärtung ist ein neues, in der Konfiguration von uns eigenständig entwickeltes Verfahren, das derzeit von der Vergabestelle des Siegels, RAL, geprüft wird. Mit Blick auf die Deinkbarkeit und die enormen Dekarbonisierungs-Effekte arbeiten wir auf diese Zertifizierung hin.

Und das dauert so lange?

Alexander Hornen (lacht): Das fragen Sie besser bei der RAL nach. Spaß bei Seite: Wie erwähnt, ist das Verfahren neu. Neben den genannten Umweltaspekten werden dahingehend alle Bereiche gewissenhaft geprüft: die Eigenschaften beim Deinking, aber auch gesundheitliche Aspekte und so weiter.

Pionierarbeit also auch beim Labeling, nicht nur bei der Entwicklung!?

Alexander Hornen: Das ist so. Da greifen viele Fragestellungen ineinander. So gesehen spricht dieser gewissenhafte Prozess auch für die Qualität des Blauen Engel.

Und die anderen Maschinen?

Alexander Hornen: Die C 48 Druckmaschine wird in Kürze entsprechend nachgerüstet. Und die neue C 32, die in Kürze ganz neu anläuft, wird von vornherein nur noch mit der umweltfreundlichen LED-Lichthärtung produzieren.

Primus inter pares: Die Ersten haben zumeist den Aufwand.

Alexander Hornen: Aufgrund der vergleichsweise großen Druckvolumina tragen wir als Industriedruckerei auch eine besondere Verantwortung. Wir bejahen den Green Deal, so wie die deutsche Wirtschaft generell, entsprechend Ihrer Einleitung. Wir wollen nachhaltigster Magazindrucker im industriellen Segment werden.

Solche Erfolgsgeschichten klingen schnell nach Werbung. Über derart reale Vorsprünge auch zu berichten, ist ja gerade unser zentrales Anliegen. Gutes tun, aber dann natürlich auch darüber sprechen, oder?

Alexander Hornen: Ja klar, das sehen wir genau so. Wir grenzen niemanden aus. Das Gegenteil ist der Fall: Wir laden ein, sich uns anzuschließen. Wir legen die Karten gerne auf den Tisch und zeigen, was wir erreicht haben und wie! Wir sind da sehr offen und bewusst kooperativ.

Besonders Ihre Kund:innen dürften sich freuen.

Alexander Hornen: Unsere Kunden profitieren von drei wesentlichen Vorteilen, die mit unseren Produkten einhergehen:

  1. Print bietet oft eine, manchmal die einzige Grundlage für tragende Geschäftsmodelle.
  2. Die Haptik von Papier. Die fühlbare Präsenz haptischer Medien. Ergänzend dazu bieten wir auch digitale Services wie z. B. Onlinedienste und Apps an, um gedruckte Botschaften auf vielfältige Weise zu verstärken, frei nach dem Motto: Print und Digital, nicht Print oder Digital.
  3. Durch unsere nachhaltige Fokussierung konnten unsere Kunden ihre Magazine bereits bestmöglich nachhaltig, z. B. mit dem Druckproduktlabel Blauer Engel DE UZ 195, hochwertig labeln – produziert in einer Druckumgebung, die insgesamt sehr nachhaltig konfiguriert ist.

Dann sind sie schon ohne die LED-Trocknung gut aufgestellt gewesen!

Alexander Hornen (lacht): Das Bessere ist der Feind des Guten, Herr Zietlow. Nach dem Grundsatz: vermeiden, reduzieren, kompensieren wollten wir mit Blick auf die Vermeidung noch mehr erreichen: Null Kubikmeter Gasverbrauch bei der Produktion von Print sind mit Siegeln wie dem Blauem Engel natürlich besser als mit X Kubikmeter Gas, die erst emittiert und dann aber kompensiert werden müssen.

Das leuchtet ein. Welche Bedenken in Bezug auf den Umwelt- und Klimaschutz bleiben?

Alexander Hornen (lächelt): Keine! Gleichwohl diskutieren wir ständig Optimierungsmöglichkeiten in allen Bereichen.

Für die Kunden bieten sich mit dem neuen Verfahren tatsächlich sofort ins Auge fallende Qualitätsvorteile?

Alexander Hornen: Das ist ein wesentlicher Punkt: Wir erreichen mehr Farbtiefe, das Papier nimmt keine Wärme auf, womit eine schönere Haptik entsteht. Die Qualität unseres LED-Rollenoffsets erreicht Bogenoffset-Niveau. Es entsteht keine Wellenbildung und kein Auswachsen. Und wir können auf Silikone verzichten. In der Ausgabe GESCHAFFT! 01/2023 haben wir dazu auch unsere Kunden befragt, die vom Ergebnis begeistert sind.

Eine fast perfekte Liaison zwischen Ökologie und Ökonomie!

Alexander Hornen: In diesem Fall ist ökonomisch, was auch ökologisch ist. Durch bessere Qualitäten profitieren die Kunden. So werden unsere Produkte generell noch attraktiver. Wir sparen bei voller Umrüstung 70 Prozent unseres unternehmensweiten Gasverbrauchs. Außerdem reduzieren wir die Makulatur um rund 30 Prozent, brauchen keine Kühlgebläse oder Ozon-Absaugsysteme und so weiter.

Schaffrath hat viel Geld in diese Pionierarbeit investiert. Der Drucksaal von Schaffrath ähnelte für Monate einem Labor. Schon diese vielen Tests haben sicher viel Geld gekostet. LED-Farben sind deutlich teurer als konventionelle Heatset-Farbsysteme. Rechnet sich das am Ende alles?

Alexander Hornen: Wir kalkulieren hier gesamtheitlich. Der Plan ist Kostenneutralität im Vergleich zur Gastrocknung. LED-Farbsysteme sind zwar drei- bis viermal teurer. Davon können Sie aber schon wieder rund ein Drittel wegstreichen, auf Grund der höheren Ergiebigkeit dieser Farben. Neben den Einsparungen beim Gas sparen wir, wie erwähnt, auch durch weniger Makulatur. Wir liefern unseren Kunden top Argumente in puncto Nachhaltigkeit und produzieren Druckprodukte mit sichtbar besseren Qualitäten. Summa summarum sind wir künftig also sowohl nachhaltig als auch wirtschaftlich gut aufgestellt.

Sicherheit und Verständnis für zukunftsweisende Innovationen

Die Rollenoffsetdruckerei L.N. Schaffrath fasst diverse Maßnahmen im Umwelt- und Klimaschutz zu seiner eigenen Sustainable-Development-Strategie zusammen: 

Neben der Möglichkeit, Druckprodukte mit dem Best-in-Class-Druckproduktlabel Blauer Engel DE-UZ 195 zu labeln, kann das Unternehmen für bestimmte Druckprodukte seit 2024 auch das EU Ecolabel vergeben, neben den bekannten Labels für nachhaltige Forstwirtschaft (FSC und PEFC). Schaffrath operiert nach dem Energiemanagementsystem DIN ISO 50001, zur Optimierung seiner Energieeffizienz. 

v.l.n.r.: Geschäftsführer Dirk Devers und Rasmus Pohlmann, Energiemanagementbeauftragter, vor einer von 6 Ladesäulen. Eine PV-Anlage mit einer Leistung von 44 kWp wird zur Versorgung betrieben. Eine weitere befindet sich im Bau. Bildquelle: Schaffrath.

Zudem können Kund:innen die beim Druck nicht vermeidbaren CO₂-Emissionen nach dem Klimarechner der Druck- und Medienverbände ausgleichen. Das Unternehmen nimmt am Projekt ÖKOPROFIT (Kooperation im Kreis Kleve/Wirtschaftsförderung Kreis Kleve GmbH) teil. Eine PV-Anlage mit einer Leistung von 44 kWp wird zur Versorgung von sechs Ladesäulen für Elektrofahrzeuge betrieben. Ab Mitte 2024 ist die Inbetriebnahme einer weiteren Anlage mit 950 kWp geplant.   

Gemeinsam stark für eine umwelt- und klimagerechte Wirtschaft  

Unternehmen, die derart viel Geld und Ressourcen eigeninitiativ für den Umwelt- und Klimaschutz investieren, brauchen Planungssicherheit vonseiten der EU-Legislative. Die ist zwar nicht gefährdet, doch ein Paradoxon in der EU ist, dass die großen Chancen der Green Economy teils erfolgreich relativiert oder klein geredet werden – angetrieben durch eine destruktive Allianz verschiedener Akteure – die zwar unterschiedlich motiviert sind, jedoch im Ziel vereint, den technologischen Fortschritt bei der nachhaltigen Transformation auszubremsen:

  • Unvorstellbar einflussreiche Lobbys der Industrien rund um fossile Brennstoffe (Gas, Öl, Kohle, Atom) agieren aus finanziellen Interessen.
  • Länder wie Russland führen in den sozialen Medien massiv medialen Krieg gegen westliche Demokratien, um diese zu destabilisieren (vgl. Putins Trollarmee, FAZ) und 
  • dramatisch erstarkte populistische Parteien versuchen, diese Bremswirkung zu verstärken, um sich ihren Einfluss zu sichern. 

Besondere Aufwände bei der nachhaltigen Transformation oder Regularien und natürlich auch teils steigende Energiekosten sorgen für eine gewisse Empfangsbereitschaft für Populismus.

Darum sind Erfolgsstorys wie die von Schaffrath so wichtig. 

Solche Pioniere weisen nach, dass viele Mechanismen des Green Deal richtig, wichtig und ökonomisch funktionieren. 

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Jürgen Zietlow

Jürgen Zietlow

Umweltjournalist, Spezialist für nachhaltige Kommunikation. Lobbyist für die Nachhaltige Transformation

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Klimapositivität
​Klimaneutral war gestern, denn der Zeitpunkt an dem sich der Klimawandel verselbständigt, wird schon bald erreicht sein. Die Erderwärmung wird erst dann wieder zum Stillstand kommen, wenn es gelingt, das Gleichgewicht zwischen Ausstoß und Senkung von Treibhausgasen nicht nur zu neutralisieren, sondern ins Positive zu wandeln. Klimapositivität ist daher das Gebot der Stunde,

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