Klimapositivität
Klimaneutral, klimakompensiert, klimapositiv. Was bedeutet das?

​Klimaneutral war gestern. Heute ist zusätzlich die Klimapositivität das Gebot der Stunde, denn der Zeitpunkt an dem sich der Klimawandel verselbständigt, wird schon bald erreicht sein. Der permanente Anstieg der Lufttemperatur löst natürliche Prozesse aus, die zunehmend die Erwärmung des globalen Klimas bewirken. Die Erderwärmung wird erst dann wieder zum Stillstand kommen, wenn es gelingt, trotz des Erhalts menschlicher Lebensbedingungen, ein neues Gleichgewicht zwischen Ausstoß und Senkung von Treibhausgasen zu schaffen. Klimaneutrale Unternehmen wie die Ökodruckerei Janetscheck GmbH im niederösterreichischen Heidenreichstein zeigen gangbare Wege für eine solche Umkehr auf.

von | März 2023 | Allgemein | 0 Kommentare

Smog-Alarm durch Klimawandel, Bild: Pixabay
Smog-Alarm durch Klimawandel, Bild: Pixabay

Der Treibhauseffekt beruht hauptsächlich auf dem Wasserdampfgehalt der Luft. Er sorgt dafür, dass an den meisten Orten der Erde erträgliche Temperaturen vorherrschen. Die Treibhausgase, allen voran Kohlendioxid und Methan, bewirken zusammen mit dem Wasserdampf eine verhältnismäßig konstante Lufttemperatur. Weil diese Gase vorhanden sind, kann sich die Luft soweit erwärmen, dass sie in der Lage ist, ein bestimmtes Quantum Wasserdampf aufzunehmen. Fast 72 Prozent der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt. Dort verdunstet es. Niederschläge bringen es wieder auf die Erde zurück. Ein gewisser Teil des Dampfes ist aber stets in der Luft vorhanden. Dieser Teil wird jedoch umso größer, je wärmer die Luft wird.

Klimapositiv zum natürlichen Gleichgewicht

Der natürliche klimatische Mittelwert der Temperatur ist abhängig vom konstanten Gehalt an Treibhausgasen in der Luft. Zudem wird dieses Gleichgewicht von den Eismassen an den Polen, in Gletschern und auf hohen Bergen bestimmt. Weiße Eisflächen reflektieren den größten Teil der dort ankommenden solaren Wärmestrahlen. Das hat eine regulierende Wirkung auf das Klima. Erhöht sich jedoch die Durchschnittstemperatur, beginnen die Eismassen zu schmelzen und die Wirkung lässt nach. In der Folge bewirkt die Erwärmung der Erdoberfläche, dass die in den Ozeanen und im auftauenden Permafrostboden gespeicherten Treibhausgase verstärkt in die Lufthülle gelangen und somit den Klimawandel vorantreiben.

Der Klimawandel ist daher eine der größten Herausforderungen der Menschheit und schreitet aktuell unerbittlich fort: Weltweit steigen die Treibhausgasemissionen stetig an. Das Übereinkommen von Paris fordert, dass die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten gehalten werden muss und deshalb muss der Temperaturanstieg auf maximal 1,5 Grad begrenzt werden. Um dies zu erreichen, können Unternehmen, Institutionen aber auch Privatpersonen Emissionsminderungszertifikate zur freiwilligen Kompensation erwerben, mit denen Klimaschutzprojekte finanziert werden.

Die Prüfung des tatsächlichen Nutzens dieser Projekte wird von Qualitätsstandards vollzogen. Eines der wichtigsten Zertifikate, die die ökologische und soziale Nachhaltigkeit der Klimaschutzprojekte sicherstellen, ist der Gold Standard und wurde vom World Wide Fund For Nature (WWF) entwickelt. Das Verified Carbon Standard (VCS)-Programm ist das weltweit am weitesten verbreitete Programm des Greenhouse Gas Protokolls zur Anrechnung von Treibhausgasen.

Können wir von der Natur lernen?

Methan verschwindet normalerweise aus der Luft, indem es sich nach und nach in Kohlendioxid und Wasser umwandelt. Es entsteht durch die Stoffwechselvorgänge von Lebewesen immer wieder neu. Kohlendioxid verschwindet aus der Luft, wenn es von Pflanzen aufgenommen wird. Es wird jedoch wieder freigesetzt, wenn Pflanzen verrotten und Lebewesen atmen. Dieser Vorgang ist klimaneutral, hat in Millionen von Jahren gut funktioniert und ein natürliches Gleichgewicht bewirkt. Um dieses, mittlerweile durch die globale industrielle Entwicklung gestörte Gleichgewicht wieder zu erreichen, muss die Industrie lernen, nachhaltige Produktionsprozesse und Verfahren zu entwickeln, die in der Lage sind, Treibhausgase und andere Reststoffe in biologische Kreisläufe zu überführen und als zukünftige Rohstoffe zu nutzen.

Welche Maßnahmen sind klimaneutral und klimapositiv?

Der Kohlendioxid- und Methangehalt in der Luft ist in den vergangenen 200 Jahren der Industrialisierung stetig angestiegen. Klimaneutral und klimapositiv sind daher alle Aktivitäten, die dazu führen, den Anteil der Treibhausgase langfristig wieder auf das vorindustrielle Niveau zu begrenzen. Klimapositiv sind zudem Maßnahmen, die den Staubeintrag in die Luft verringern. Dass planetare Eismassen Wärme zurückstrahlen können, hängt von ihrer weißen Oberfläche ab. Lagert sich dort dunkles Material ab, nimmt das mehr Sonnenwärme auf und trägt dazu bei, dass das Eis noch schneller schmilzt.

Klimapositiv drucken

Kompensationmaßnahmen der CO₂-Emission, Grafik: Pixabay

Je stärker die vom Klimawandel angefeuerten Stürme über die Erde fegen, desto mehr verursacht der Staub aus den Abgasen von Schiffen, Flugzeugen, Autos und Kraftwerken einen permanenten Fallout, der die regulierende Wirkung der verbliebenen Eisflächen auf das Klima verhindert.

Maßnahmen, die diese Entwicklung verhindern, leisten einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralität und -positivität.

Was kann ein klimaneutrales Unternehmen tun, um klimapositiv zu werden?

Um klimapositiv zu werden, muss ein Unternehmen im Vorfeld seine Produktionsprozesse gezielt auf Klimaneutralität umstellen. Hierzu schreibt das Greenhouse Gas Protokoll vor, welche Maßnahmen ein Unternehmen umsetzten muss, um die in Scope 1, 2 und 3 definierten Kriterien klimaschädlicher industrieller Produktion, wie etwa fossile Energie, klimaschädliche Produktionsstoffe und -prozesse zu vermeiden oder zu minimieren.

Der CO2-Fußabdruck von Unternehmen, Grafik: PrimaKlima e.V.

Dadurch werden alle vom Unternehmen erzeugten CO₂-Emissionen gesenkt. Für alle nicht vermeidbaren Emissionen kann das Unternehmen zusätzlich Kompensationszertifikate erwerben, um Projekte zu unterstützen, die dabei helfen, Klimaschäden auszugleichen.

Die Aussage „klimaneutral“ im Zusammenhang mit Produkten und Unternehmen ist nicht zulässig, sofern nicht alle relevanten Emissionsquellen, inklusive indirekter, vor- und nachgelagerter (Scope 3) Emissionen, berücksichtigt wurden.

Klimaneutral oder Klimapositiv?

Um sich „klimaneutral“ zu nennen, muss ein Unternehmen nicht komplett emissionsfrei sein. Es muss nur die herrschenden Standards gemäß den Scopes 1, 2 und 3 des Greenhouse Gas Protokolls erfüllen. Hier genügt es, selbst gesteckte Ziele bei der CO₂-Reduktion zu erreichen und die übrigen Emissionen nachträglich zu kompensieren. Dazu kauft ein Unternehmen in der Regel Zertifikate von Klimaschutzprojekten, durch deren Hilfe dann irgendwo auf der Welt die gleiche Menge an CO₂ ausgeglichen wird, die im Unternehmen freigesetzt wurde.

Teilbereiche der produktbezogenen Wertschöpfungskette werden zwar betrachtet, aber eben nicht alle. Die Bilanzierung der Treibhausgase gemäß den Scopes 1 und 2 beschränkt sich hauptsächlich auf Emissionen, die direkt vor Ort oder bei den Energielieferanten entstehen. Alles, was jedoch vor den Toren des Unternehmens passiert, etwa der Transport des Produkts, seine Nutzung durch Konsumenten, oder seine Entsorgung kann unberücksichtigt bleiben und wird erst in Scope 3 bilanziert.

Was macht die Druckerei Janetschek GmbH anders?

In den letzten Jahrzehnten wurde weltweit „humuszehrend“ gewirtschaftet – das heißt, dass die Humusreserven der Ackerböden durch die intensive Bewirtschaftung reduziert wurden. In Österreich ist der Humusgehalt von ursprünglich fünf bis sechs Prozent auf unter drei, teilweise sogar unter zwei Prozent gesunken!

Humusaufbau als CO2-Senke, Bild Pixabay

Mit der Förderung von Humusaufbau unterstützt Janetschek eine Ökologisierung des Landbaus. Durch eine Humusanreicherung von z.B. drei Prozent auf 25 cm Bodentiefe können bis zu 125 Tonnen CO₂ pro Hektar in Form von Humus gebunden werden. Gleichzeitig wird der Boden wieder zum optimalen Wasserspeicher. Ein humusreicher Boden kann viel mehr Wasser aufnehmen und verhindert dadurch die Auswaschung wichtiger Nährstoffe aus den Ackerflächen. Dadurch können vor allem enorme Schäden durch Abschwemmungen und Hochwasser minimiert werden.

Seit 2009 erstellt die Druckerei Janetschek auf Kundenwunsch CO₂-Bilanzen für Druckprodukte, bei denen alle unvermeidbaren Emissionen berücksichtigt werden. Seit Sommer 2014 können diese in Zusammenarbeit mit der Ökoregion Kaindorf durch Humusaufbau in regionalen Ackerflächen gebunden werden. In heimischen Böden ist der Humusgehalt dramatisch gesunken. Wasser und Nährstoffe werden kaum mehr gespeichert. Durch Humusanreicherung wird CO₂ gebunden und der Boden wieder zum optimalen Wasserspeicher. Mit dieser regionalen Form der CO₂-Kompensation geht die Druckerei einen nachhaltigen Weg der Klimakompensation.

Janetschek ist weltweit die erste Druckerei, die diese regionale Möglichkeit der Treibhausgaskompensierung anbietet.

Die Treibhausbilanzen werden mit dem Klimarechner von ClimatePartner erstellt. Diese Organisation gilt als Erfinder des Prozesses für klimaneutrales Drucken und hat an der Erstellung der ISO 16759 zur CO₂-Bilanzierung von Druckprodukten mitgewirkt. Transparenz gewährleistet ClimatePartner dabei durch ein eindeutiges Kennzeichnungssystem in Verbindung mit einer TÜV-Austria-zertifizierten IT-Lösung.

Klimapositivität – eine technologische Herausforderung an die Industrie

Um das klimatische Gleichgewicht zwischen Anstieg und Senkung der Treibhausgasemissionen grundsätzlich nachhaltig herzustellen, müssen Technologien für einen effizienten Rohstoffverbrauch optimiert werden. Bei allen Herstellungsprozessen sollen möglichst wenige Abfälle entstehen. Anfallende Reststoffe müssen recycelbar sein und in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Entstehen bei produktionstechnischen Verfahren Treibhausgase, müssen diese abgefangen und gebunden werden oder als technische Gase Verwendung finden.

Die grüne Chemie hat die Aufgabe, solche Verfahren zu entwickeln. Kohlenstoffhaltige Abfälle lassen sich als Rohstoffe nutzen. Dazu kann die moderne Biotechnologie beitragen, denn die auf Basis biotechnischer Verfahren hergestellten Zwischenprodukte sind ideale Einsatzstoffe. Klimaneutralität und Klimapositivität sind vor diesem Hintergrund lediglich zwei Aspekte zur Erreichung des globalen klimatischen Gleichgewichts. Um die Suffizienz industrieller Produktion und dadurch einem nachhaltig positiven Klimawandel zum Erfolg zu verhelfen, bedarf es einer mannigfachen Umsetzung interdisziplinärer, technologischer Verfahren und zusätzlich einem gesamtgesellschaftlichen Bewusstsein wirtschaftlicher Genügsamkeit.

 Dieser Ansatz wird von der Druckerei Janetschek GmbH in Niederösterreich beispielgebend umgesetzt.

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Guido Rochus Schmidt

Guido Rochus Schmidt

Autor, Redakteur, Experte für die Nachhaltige Medienproduktion, Lobbyist für die Nachhaltige Transformation

Guido Rochus Schmidt war von 1979 bis 2013 Geschäftsführer der Ulenspiegel Druck GmbH & Co. KG, die 1999 als erste Druckerei Bayerns das EMAS-Zertifikat der Europäischen Union erhielt. Als Umweltexperte betreute er von 1999 bis 2017 die ökologische Fortentwicklung des Unternehmens. Seit 2017 berät der Experte Unternehmen bei allen Fragen der Nachhaltigen Medienproduktion.

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Lobbyismus gegen Nachhaltigkeit
Die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Ausbau der Industrialisierung, die Ignorierung der Umweltverschmutzung durch naturschädliche Nahrungsmittelproduktion und die Ausbeutung natürlicher Rohstoffe hält unverändert an. Daher werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht sein.

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