Umwelt und Viren
Die Natur schlägt zurück – Umweltzerstörung und Viruspandemien

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen schon seit vielen Jahren vor Viruspandemien als Folge maßloser Naturzerstörung und gewissenloser Ausbeutung der Habitate vieler Lebewesen. Der Covid-19-Erreger ist nicht vom Himmel gefallen sondern die Antwort der Natur auf den anthropozentrischen Raubbau am Planeten Erde.

Bild von Alexandra_Koch auf Pixabay

Der Mensch ist ein Meister der Zerstörung. Auch Viruspandemien sind eine Folge davon. Natürliche Wälder werden global abgeholzt, die Artenvielfalt immer weiter dezimiert und zurückgedrängt. Riesige Flächen fallen Monokulturen zum Opfer, Millionen Hektar Land dienen der Fleischerzeugung, die Meere werden als Abfalldeponien missbraucht. Zudem führt die Erhitzung der Erde auf Grund der Emission von jährlichen Milliarden Tonnen CO2 dazu, dass ganze Regionen unbewohnbar werden, so sie es nicht schon längst sind. Die Gefährdung der sich die Menschheit durch ihr eigenes Tun selbst aussetzt, geschieht nicht mittelbar und auf lange Sicht sondern sehr direkt und unmittelbar.

Covid-19 ist kein Zufall, sondern war nur eine Frage der Zeit

Etwa 60 Prozent aller Infektionskrankheiten sind Zoonosen, also Infektionskrankheiten, die auf natürliche Weise von Tieren auf Menschen übertragen werden können und umgekehrt. Verursacht werden sie von Bakterien, Viren, Pilzen, Parasiten und Prionen; etwa 72 Prozent davon stammen von Wildtieren. Die bekanntesten Erreger sind Ebola, HIV, SARS und MERS, Malaria oder Dengue. Einige dieser Erreger übertragen sich durch den Verzehr von und dem Handel mit Wildtieren. So scheint das aktuelle Covid-19-Virus auf einem Wildtiermarkt in Wuhan auf den Menschen übergesprungen zu sein.

Allerdings würde allein ein weltweites Verbot des Wildtierhandels und -verzehrs in Drittweltländern oder asiatischen Zivilisationen das grundsätzliche Problem nicht lösen. Die Gesellschaften der Ersten Welt, als Vorreiter der globalen Naturausbeutung und Umweltvernichtung, tragen die Hauptschuld an dieser Situation. Sobald raubbauartig in Ökosysteme eingedrungen und ihr natürliches Gleichgewicht zerstört wird, verlieren nicht nur Tiere ihre Habitate sondern auch Krankheitserreger ihren Wirt. Nicht selten wird dann der Mensch der Wirt. Dieses Ereignis nennt sich Spillover und kann in der Folge die Infektion Tausender oder Millionen anderer Menschen auslösen.

Der US-amerikanische Autor David Quammen hat in seinem Buch „Spillover“ schon 2013 anschaulich beschrieben, wie sich solche Erreger durch Zoonosen auf den Menschen übertragen:

„Wo Bäume gefällt und Wildtiere getötet werden, fliegen die lokalen Keime wie Staub umher, der aus den Trümmern aufsteigt.“

Laut WWF ist mittlerweile fast die Hälfte der globalen Waldfläche durch den Menschen vernichtet worden. Brandstifter wie der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro oder Präsident Donald Trump leugnen nicht nur den Klimawandel sondern tun alles dafür, ihn zu beschleunigen. Der eine lässt, seit seiner Amtsübernahme, den brasilianischen Urwald in ungekanntem Ausmaß abfackeln, der andere zerstört mittels Fracking weite Landstriche der USA. Hand in Hand betreiben sie maßlose Naturvernichtung in den beiden größten Ländern des amerikanischen Kontinents.

Doch auch anderswo wird in industriellem Maße Natur zerstört. Der Lebensraum für Wildtiere wird dadurch auf der ganzen Welt enger. Entwaldung in Kombination mit intensiver Landwirtschaft, massive Bodenzerstörung und die Folgen der Erderhitzung vertreiben immer mehr Arten aus ihren angestammten Habitaten und zwingen sie mehr und mehr in die Nähe menschlicher Zivilisation auszuweichen.

„Das Problem sind nicht die Wildtiere, sondern unser enger Kontakt mit den Tieren, der es möglich macht, dass Krankheiten von Tieren auf den Menschen überspringen“

sagt WWF-Artenschutzexperte Arnulf Köhncke.

Feinstaubpartikel sind optimale Virentransporteure

Atmosphärischer Feinstaub, der durch Autoabgase, Flugzeugabgase, Brandrodungen, Kraftwerksemissionen usw. entsteht, gilt schon lange als Transportträger für viele chemische und biologische Verunreinigungen, darunter eben auch Viren wie das Coronavirus. Egal ob diese Partikel flüssig oder feststofflich sind, sie verbleiben über Stunden, Tage und manchmal viele Wochen in der Atmosphäre und bieten Viren die Möglichkeit, an ihnen anzudocken. Auf diese Weise können sich Viren über große Entfernungen ausbreiten.

Viren und Bakterien reisen auf Staubpartikeln oder organischen Teilchen aus dem Meeresdunst. Sie können damit sogar bis in die Troposphäre aufsteigen und mit Winden Tausende Kilometer zurücklegen, bis sie wieder in Massen auf die Erde zurückfallen. Sie benötigen daher nicht unbedingt die Mithilfe von quer über den Erdball reisender Menschen. Sie scheren sich auch nicht um Grenzschließungen oder Quarantänegebiete.

Wissenschaftliche Studien zur Verbreitung von Viren in der Bevölkerung, haben gezeigt, dass Virusinfektionen häufig mit Konzentrationen von atmosphärischem Feinstaub der Größe PM10, also einem aerodynamischen Durchmesser von weniger als 10 Mikrometer oder sogar noch kleiner, korrelieren.

Gerade in chinesischen Großstädten und in vielen Regionen des Landes finden sich weltweit die höchsten Feinstaubbelastungen. Der sogenannte Pekinger Husten, eine epidemische chinesische Lungenerkrankung, wird durch hohe Feinstaubbelastung und Luftfeuchtigkeit hervorgerufen. Der dadurch vermehrt im Winter entstehende Smog begünstigt Virusinfektionen. In Wuhan war die Luftbelastung Mitte bis Ende Januar 2020 sehr hoch und könnte so die rasante Ausbreitung des Coronavirus mit all seinen schlimmen  Folgen bewirkt haben.

Auch italienische Wissenschaftler glauben, dass eine hohe Feinstaubbelastung die schnelle Verbreitung des Coronavirus Covid-19 ermöglicht hat. Gerade der Zusammenhang zwischen der Luftverschmutzung durch Feinstaub und der Häufung von Coronavirus-Infektionen in der Po-Ebene, der Lombardei und der Emilia-Romagna ist offensichtlich.

Feinstaub-Partikel haben nicht nur eine Trägerfunktion, sondern dienen auch als nahrhaftes Substrat, das es dem Virus ermöglicht, über Stunden oder Tage lebensfähig in der Luft zu bleiben. Gerade eine hohe relative Luftfeuchtigkeit, wie sie in den Wintermonaten in der Po-Ebene üblich ist, konnte die Virulenz, also eine höhere Ausbreitungsrate des Virus, fördern. Erst ein Anstieg der Temperatur und der Sonneneinstrahlung kann sich aus wissenschaftlicher Sicht positiv auf die Inaktivierungsrate eines Virus auswirken. Die Rate, wie viele Viren in Partikeln inaktiv werden, hängt also maßgeblich von unterschiedlichen Umgebungsbedingungen ab.

Die Natur braucht den Menschen nicht

Seit dem 1997 beschlossenen Kyoto-Protokoll der Vereinten Nationen zur weltweiten Treibhausgasreduzierung, wurden diese Vereinbarungen immer wieder durch Ausnahmeregelungen von vielen Ländern u.a. China und den USA unterlaufen. Der Klimaleugner Trump trat erst vor kurzem aus dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz aus. Auch Deutschland fuhr in den letzten zehn Jahren seine Klimastrategie herunter. Alle bisherigen Vereinbarungen zum Umweltschutz blieben halbherzig auf der Strecke. Die Lobby der neoliberalen Umweltzerstörer verteidigte ihre Interessen mit korrupter Nachhaltigkeit.  Wirtschaftshörige Regierungen schlugen alle wissenschaftlichen Warnungen von Klima-  und Umweltexperten ignorant in den Wind, ohne zu begreifen, dass die Menschheit durch ihr gedankenloses Tun genau an dem Ast sägt, auf dem sie sitzt. Denn die Natur hat – wie man jetzt sieht – mannigfache Möglichkeiten, zurück zu schlagen und sich auf Dauer von der Geißel der Menschheit zu befreien. Der Zusammenhang von Naturzerstörung, Klimaerhitzung und Seuchenepidemien ist evident – und wird ohne echte nachhaltige Umweltschutzkonzepte zu immer neuen Katastrophen führen.

Seit in Folge der Corona-Pandemie das soziale und wirtschaftliche Leben global mehr oder weniger durch den erzwungenen Shutdown zum Stillstand gekommen ist, erholt sich die Natur.

Noch nie gab es in Chinas Großstädten sauberere Luft. Die globalen Co2-Emissionen waren noch nie so gering, wie im letzten Monat.

In Venedig kehren Fische in hoher Zahl ins mittlerweile wieder glasklare Wasser der Lagune zurück, seit durch das Ausbleiben der Touristen weniger Abwasser eingeleitet wird und so gut wie keine Motorboote und Kreuzfahrschiffe mehr unterwegs sind. Auch die Luft in europäischen Metropolen verbessert sich spürbar durch die Ausdünnung des Verkehrs.

Die Natur hilft sich also selbst, und zeigt damit der Menschheit auf drastische Weise, dass ihre zerstörerische Existenz absolut überflüssig ist.

Wie schön und zukunftsweisend wäre es deshalb, wenn mit dem Ende der Pandemie auch die neoliberalen Umweltzerstörer, die gewissenlosen Ausbeuter, die dumpfen Klimaleugner und ignoranten Politiker, die Bolsonaros, Trumps, Salvinis, Erdogans, Orbáns, Johnsons, Höckes, Maduros, Xi Jinpings mitsamt ihren subalternen Gesinnungsgenossen und Gefolgschaften von diesem Planeten verschwinden würden. Dann wäre die Welt mit Sicherheit ein besserer und lebenswerterer Ort für Flora und Fauna und all jene umweltgerechten Protagonisten der Menschheit, die sich rund um den Erdball seit vielen Jahrzehnten um ein einvernehmlich umweltfreundliches Miteinander auf diesem Planeten bemühen.

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Guido Rochus Schmidt

Guido Rochus Schmidt

Autor, Redakteur, Experte für die Nachhaltige Medienproduktion, Lobbyist für die Nachhaltige Transformation

Guido Rochus Schmidt war von 1979 bis 2013 Geschäftsführer der Ulenspiegel Druck GmbH, einer der bis heute ökologischsten Druckereien Europas, seit 1999 mit EMAS zertifiziert. Als Umweltexperte betreute er von 1999 bis 2017 die ökologische Fortentwicklung des Unternehmens. Seit 2017 berät der Experte Unternehmen bei allen Fragen der Nachhaltigen Medienproduktion.

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