Erfolgreiche Mediengattung
„Mir war nicht bewusst, dass Print so stark ist!“

Homo sapiens ist eine höchst taktile Spezies. Unser Tastsinn ist der zentrale Überlebenssinn – der ursprünglichste und wichtigste Sinn des Menschen überhaupt. Die aus der Hirnforschung wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse gelten auch für die Nutzung haptischer Kommunikationsmittel, die aus Papier hergestellt werden. Das sind Naturgesetze, so sicher wie die Tatsache, dass jeder Tag nie länger als 24 Stunden ist. Was das mit Print zu tun hat und warum (und wo) Print boomt.

von | September 2025 | Nachhaltigkeit | 2 Kommentare

Erfolgreiche Gattung Papier
Die Mediengattung Print ist in vielen Bereichen vergleichsweise unschlagbar bei der Wirkung, alternativlos oder einfach das bessere Geschäftsmodell.
Links im Bild: Fans des Erfolgsromans Onyx Storm (Quelle: © The Guardian), Mitte im Bild: Titel des Comic Specials „LTB Heavy Metal“, (Bildquelle: ©Egmont Ehapa Media/Disney), Rechts im Bild: Influencerin Yvonne Pferrer (Bildquelle: Yvonne Pferrer). Alle Informationen dazu weiter im Text.
Die Mediengattung Print ist in vielen Bereichen vergleichsweise unschlagbar bei der Wirkung, alternativlos oder einfach das bessere Geschäftsmodell.
Links im Bild: Fans des Erfolgsromans Onyx Storm (Quelle: © The Guardian), Mitte im Bild: Titel des Comic Specials „LTB Heavy Metal“, (Bildquelle: ©Egmont Ehapa Media/Disney), Rechts im Bild: Influencerin Yvonne Pferrer (Bildquelle: Yvonne Pferrer). Alle Informationen dazu weiter im Text.

Der größte Teil unseres Gehirns ist der Verarbeitung taktiler Informationen gewidmet. Der somatosensorische Cortex im Gehirn ist für die Verarbeitung von Berührungsreizen zuständig, mit enormer Kapazität für den Tastsinn. Über die Finger – die Haut generell – nehmen wir Reize wie Berührungen, Texturen, Druck und Schmerzen wahr. Berührungen haben eine hohe soziale und emotionale Bedeutung: Sie spielen eine entscheidende Rolle bei sozialen Interaktionen, sind elementar für menschliche Bindungen und haben einen starken Einfluss auf unsere Psyche. Sanfte Berührungen oder weiche Oberflächen vermitteln Vertrauen und Zuneigung.

Der Tastsinn ist ein über Jahrmillionen evolutionär entwickelter Sinn. Gottes Werk, wenn Sie so wollen.

Trotz des übereifrigen Marketings der KI-Branche: Kein noch so effizientes Deep-Learning-System kann evolutionäre, taktile, haptische Emotionen imitieren oder stimulieren. Sicher: KI wird sich in vielen Bereichen bezahlt machen,

KI egalisiert jedoch nicht Millionen von Jahren evolutionärer Entwicklung. Punkt!

Memes über eine dem übermächtigen Tastsinn gleichgestellte Zauberkraft bei KI-Anwendungen sind Mythologie – entwickelt in den Abteilungen für KI-Marketing. Stand heute. 

 

Der Tastsinn ist der zentrale Überlebenssinn und somit der ursprünglichste und wichtigste Sinn des Menschen. Bildquelle: Pixybay

Kürzlich hat mich eine Agenturleiterin gefragt, warum Brands oder selbständige Marketers sowie Agenturen, Kreative, selbst große Handelsketten (trotz Apps), Unternehmen, Autor:innen und sogar erfolgreiche Influencer:innen immer öfters wieder gezielt auf Print setzen? Trotz oder gerade wegen KI!? Und das für Anwendungen, die schon seit vielen Jahren 100%ig durch digitale Pendants ersetzt werden könn(t)en, mal ganz abgesehen von Bereichen, wo Print sowieso alternativlos ist, etwa bei Verpackungen oder Beipackzetteln.

„Mir war nicht bewusst, dass Print so stark ist. Warum ist das so?“  

  • Print kann vergleichsweise gute Umweltfaktoren und oft bessere CO₂-Emissionsbilanzen aufweisen, allen Unkenrufen pro anderer Mediengattungen zum Trotz. Ein schlechtes Umweltgewissen ist unnötig. Druckereien der UmDEX-Klasse produzieren professionell zertifiziert nachhaltig – hochwertige Umweltlabels wie der Blaue Engel dürfen auch auf der Drucksache gezeigt werden.  
  • Der digitale Sektor verursacht bis zu 4 % der weltweiten CO₂-Emissionen, so viel wie der globale Luftverkehr. Jede Suchanfrage, jeder Mausklick, jedes Video-Streaming und jede E-Mail erfordert Rechenleistung, also Strom.
  • Die Herstellung von Endgeräten ist ressourcen- und energieintensiv.
  • Eine gedruckte Botschaft benötigt keine weitere Energie, um mehrfach gelesen zu werden.
  • Der Datenträger Papier ist mit einer Quote von bis zu 90 %  Recyclingweltmeister und besteht aus einem nachwachsenden Rohstoff. Natürlich werden keine Bestandsbäume für Print gefällt. 
  • Haptische, sog. multisensorische Medien adressieren ihre Empfänger:innen hochemotional.
  • Ein gedrucktes Medium stimuliert den fürs Marketing wirkungsstarken Tastsinn, fördert die Konzentration und steigert die Fokussierung.
  • Dadurch vermittelt Print eine höhere Glaubwürdigkeit und Wertigkeit
  • Die Kombination aus Haptik und Optik (Verpackungen, Commercial Print etc.) prägt die Identität einer Marke wie keine andere Mediengattung, Stichwort Brand-Building.
  • Print stößt direkt an, gerade im Umfeld der zunehmenden Digitalisierung.

Print boomt? 

Viele überrascht die Aussage. Ist es doch ausgerechnet die Branche selbst, die durch gut gemeinte, aber oft falsch verstandene Durchhalteparolen und Rechtfertigungsversuche gelegentlich den Eindruck verstärkt, an ebendiesen Aussagen selbst zu zweifeln?

Print im Buchbereich erfolgreich

Der Roman Ony Storm ist ein romantischer Fantasy-Roman von Rebecca Yarros. Die Printausgabe wurde millionenfach besonders auch an jüngere Leser:innen verkauft. Die Haptik spielt für Fans eine elementare Rolle. Print ermöglicht den Leser:innen ein physisches und begreifbares Element selbst zu besitzen. Bildquelle: The Guardian

Wer sich verteidigt, klagt sich an?

Richtig ist: Die Druckbranche verändert sich, vergleichbar mit anderen Branchen, besser: Branchensegmenten. Der Diesel wird durch elektrifizierte Autos abgelöst. Der Absatz von alkoholfreiem Bier nimmt in Deutschland zulasten klassischer Biere zu. Der Fleischkonsum nimmt zugunsten von Fleischersatzprodukten ab. All das passiert unterschiedlich schnell. Solch disruptive Veränderungen kennt auch die Druckbranche.

Die Aussage, dass Print generell durch digitale Technologien verdrängt wird, ist historisch richtig, aktuell aber zunehmend weniger zutreffend.

Historisch: 

  • Die massenhafte Nutzung von E-Mails begann mit der Verbreitung des Internets. Damit entfielen Milliarden von gedruckten Geschäftsbriefen jedes Jahr. 
  • Viele (längst nicht alle) Kataloge wurden durch onlinebasierte Shops ersetzt, denken wir an Versandhäuser wie OTTO. 
  • Rechnungen wurden zunehmend digital zugestellt und müssen in Deutschland seit Januar 2025 im Geschäftsverkehr (B2B) grundsätzlich digital (E-Rechnungen) ausgestellt werden.
  • Immer mehr Einzelhändler geben zugunsten von Handelsunternehmen und des Onlinehandels auf. Somit wurden zig Milliarden weniger klassische Werbungen gedruckt, häufig abgesehen von Filial- oder Franchise-Unternehmen sowie Handelsketten.    

Gegenwart:  

  • Beilagen bleiben für größerer Einzelhändler sowie für Handelsketten oft State of the Art, auch, weil einzelne Franchisenehmer (Beispiel Obi) auf den Anstoßeffekt von Print nicht verzichten können.
  • Viele Handelsketten versuchen – oft mit mäßigem Erfolg – die klassischen Beilagen durch Apps zu ersetzen. Doch der digitale Werberaum ist ziemlich endlich.
  • Zwar können Bücher und Prospekte theoretisch auch digital konsumiert werden – das passiert auch, allerdings dramatisch langsamer, als es sich die Hersteller von eBook-Readern erhofft hatten, aktuell nahe dem Wachstumsstillstand. 
  • Verpackungen boomen – in fast allen Segmenten. Papier ersetzt häufiger Kunststoff. Der Onlinehandel, auch viele kleine Spezialshops, sorgen für gute Umsätze. Das ist auch nachhaltig: Bis zum 31. Dezember 2025 sollen mindestens 65 Gewichtsprozent der Verpackungsabfälle wiederverwertet werden, so EUR-Lex

Der „Angstgegner” Nr 1., die Digitalisierung der Kommunikation, stärkt Print sogar immer häufiger.

Digitale Hyperinflation der Kommunikation stärkt Print

Die aktuelle schon bestehende Content-Schwemme epischen Ausmaßes wird durch Unmengen von KI-generierten Inhalten unermesslich potenziert. Für einzelne digitale Botschaften bringt das ein enormes Aufmerksamkeits-Defizit mit sich, gleich einer Hyperinflation. Ein starkes Argument pro Print, besonders in der Marketingkommunikation.

Informations-Inflation durch die Schwemme von Informationen.

Diverse Analysen legen nahe, dass unser Gehirn während der durchschnittlichen, oft digitalen Mediennutzung von etwa 7 Stunden pro Tag über 34 Gigabyte an Daten konsumiert („How Much Information?“-Studie, University of California, San Diego). Bildquelle Pixabay

Allerdings: Schon der Wegfall „historischer“ Druckprodukte hat für signifikant weniger Druckvolumen gesorgt. Darum haben sich Druckereien seit den 2000er-Jahren stark spezialisiert:

Print wurde intelligenter, interaktiver, funktionaler, nachhaltiger, wirkungsvoller und in Summe der Wirkungsleistung günstiger als je zuvor – nicht trotz, sondern gerade auch wegen der digitalisierten Kommunikation.

Während nicht nur digitale „Bücher“, sondern jedes mediale Angebot, auch jede Handels-, Social-, Fun- oder Funktions-App und jedes Onlinemagazin bei den Adressaten Zeit und Aufmerksamkeit frisst, blieb u. a. der Absatz von gedruckten Büchern stabil. Relativ zu allen Medien betrachtet, mit Blick also auf dieses dramatisch digital-informelle Überangebot, könnte sogar ein gestiegener Absatz dargelegt werden, denn: Während wir bereits 2015 unglaubliche 6.000 Informationen pro Tag verarbeitet haben, sind es heute im Schnitt sogar fast doppelt so viele, zumeist digitale (IONOS, 2018). Diverse Analysen legen nahe, dass unser Gehirn während der durchschnittlichen Mediennutzung von etwa 7 Stunden pro Tag über 34 Gigabyte an Daten konsumiert („How Much Information?“-Studie, University of California, San Diego).

Print boomt!

 
Yvonne Pferrer, Palette mit Büchern Einzimmerfahrtwind

Die Reisebloggerin zählt zu den erfolgreichsten Influencer:innen in Deutschland, mit 1,5 Millionen Follower:innen auf Instagram bzw. über 200.000 auf YouTube. Trotzdem war Print für sie völlig alternativlos. Das 600-seitige Hardcover-Buch „Einzimmerfahrtwind“ wurde zum Bestseller und mehrfach bei der Druckstudio-Gruppe in Düsseldorf nachgedruckt, nebst einer aktuellen Neuauflage „Yabadu – niemals erwachsen!“ Bildquelle: Yvonne Pferrer

Nachgefragt werden teils mehr denn je Magazine, Bücher, Broschüren, aber auch Kataloge oder klassische Beilagen: Der Gesamtumsatz der Buchbranche blieb in Deutschland in den letzten Jahren sehr robust. 

Bücher-Nachfrage bleibt stabil

Im Jahr 2023 lag der Umsatz bei rund 9,71 Milliarden Euro, was einem Anstieg von 2,8 % gegenüber dem Vorjahr entsprach. Auch im ersten Halbjahr 2024 gab es ein Umsatzplus – zwar, weil Bücher etwas teurer wurden, jedoch zeigt das die große Wertschätzung gegenüber echten, haptischen Büchern. Auch der Online-Buchhandel hat in den letzten zehn Jahren zugelegt. Während der Corona-Pandemie stieg der Umsatz im Online-Geschäft um 4,4 % auf 2,51 Milliarden Euro, was einem Marktanteil von 25,4 % entsprach. Erfreulich: Gerade junge Menschen sorgen für eine hohe Nachfrage. E-Books hingegen haben sich auf einem eher niedrigen Niveau eingependelt. Ihr Umsatzanteil am Publikumsmarkt (ohne Schul- und Fachbücher) lag 2024 (unverändert zu 2023) bei 6,1 %. Null-Wachstum also. Im Umfeld der Brancheninitiative UmDEX gibt es zahlreiche Beispiele, auch für erfolgreiche Bücher.

Die Schauspielerin Yvonne Pferrer etwa zählt zu den erfolgreichsten Reise-Influencer:innen in Deutschland – auf Instagram begeistert die Autorin der Generation Digital-Native 1,5 Millionen Follower. Trotzdem entscheidet sich die Autorin immer wieder für Print, wenn ihr die Botschaften wichtig sind. Für den Titel „Einzimmerfahrtwind – beauftragte die Bloggerin die Druckstudio GmbH in Düsseldorf mit der nachhaltigen Produktion.

Für die Unternehmerin war und ist Print ein alternativloses Geschäftsmodell.

Fotograf Marion Schmitt

Der Würzburger Berufsfotograf Mario Schmitt aus Würzburg hat während des Corona-Lockdowns in das Bildband „LOCKDOWN – und plötzlich war alles still“, bei der Würzburger Druckerei bonitasprint gmbh gedruckt. Das Druckwerk wurde ein riesiger Erfolg. Die dazu passende Facebook-Seite hat die Gattung Print unterstützt. Bildquelle: Marrio Schmitt

Mittlerweile wurde eine neue Auflage gedruckt: „Yabadu – niemals erwachsen.

Andere Erfolgsstorys sind etwa: Ziegenluft & Küchenduft, TWO VIEWS ON PLANET, LOCKDOWN und unzählige weitere Buch- oder Bildband-Titel.  

Print als Geschäftsmodell. Erfolgreiche Bücher.

Die Hauswirtschaftsmeisterin und nachhaltige Schäferin Sabine Krüger erzählt ihre Lebensgeschichte, beginnend mit einem stressigen Stadtleben, hin zur Selbstversorgung und einem natürlichen Leben als Schäferin, im Einklang mit der Natur. Das Buch weckt Emotionen. Viele Menschen träumen von Entschleunigung und einem Leben im Einklang mit der Natur. Für die Autorin war klar, dass eine digitale Variante gescheitert wäre. Ihr Buch wurde Tausendfach verkauft. Bildquelle: Sabine Krüger.

Die Jugend liebt Print, ob Donald Duck oder Onyx Storm

Die jeweils nächste, jüngere Generation sucht einen gewissen Abstand zu ihren Eltern. Während sich spätestens die Generationen X (1965 bis 1980 geborene) und Y (1981 bis 1996) fast schon paralysiert auf das Digitale stürzen, wird Print ab der Generation Z (1997 bis 2010) und gerade auch bei der Generation Alpha (ab 2011) durchaus wieder stärker nachgefragt. Die Verkaufszahlen von Science-Fiction- und Fantasy-Büchern stiegen im vergangenen Jahr z. B. in Großbritannien sogar sprunghaft an – zwischen 2023 und 2024 um 41,3 % (NielsenIQ, BookData, GfK Entertainment). 

Weltweit wurden schon in der ersten Woche 2,7 Millionen Exemplare von „Onyx Storm“ verkauft. Die gesamte „Empyrean“-Reihe hat sich im letzten Jahr 12 Millionen Mal verkauft, gerade auch beim jüngeren Publikum.

Die gedruckte Deluxe Variante wurde in der ersten Woche 1,1 Millionen Mal verkauft und wurde drucktechnisch besonders veredelt:

Sie zeichnet sich durch einen atemberaubenden Farbschnitt, einen hochwertig veredelten Schutzumschlag, ein speziell gestaltetes Cover sowie farbige Kanten im Vor- und Nachsatz aus.

Wacken und der Druck von Comic-Heften

Lauter, lustiger, legendärer – das ist das Motto der Sonderausgabe des Programms „Walt Disney Lustiges Taschenbuchs“ (LTB). Das Special „ LBT Heavy Metal“ ist seit dem 15. Juli 2025 auf dem Markt. Geplant sind sieben Comic-Hefte. Egmont Ehapa Media, einer der führenden Verlage für Kinder- und Jugendmedien in Deutschland, bekräftigt die hohe Relevanz und starke Reichweite besonders auch bei jungen Zielgruppen. Bildquelle: ©Egmont Ehapa Media/Disney. Luftbild: El Grafo

Wacken Open Air und Egmont Ehapa lassen Donald Duck mit Print rocken

Auch der Verlag Egmont Ehapa Media, einer der führenden Verlage für Kinder- und Jugendmedien in Deutschland, bekräftigt die hohe Relevanz und starke Reichweite von Printmedien für jüngere Leser:innen und widerspricht, dass Print für junge Zielgruppen verloren sei. 

„Wir nehmen anderslautende Aussagen zur Kenntnis, teilen diese jedoch in keiner Weise“, 

erklärt Jörg Risken, Publishing Director Magazines bei Egmont Ehapa Media gegenüber der UmDEX-Redaktion. 

Fachmagazine boomen

Auch viele Fachmagazine boomen, darunter viele Independent-Titel wie zum Beispiel das Magazin „NEUROSENSITIVE, herausgegeben von Dr. Patrice Wyrsch, Publizist rund um das Thema Neurosensivität. Ein Magazin kostet 36,00 Euro – auch hier ist Print ein alternatives Geschäftsmodell.

Erfolgreiche gedruckte Magazine

NEUROSENSITIVE, ein Magazin für Vielwahrnehmende, herausgegeben von Dr. Patrice Wyrsch. Das Magazin erscheint in drei Sprachen und kostet 36,00 Euro. Für den Herausgeber ist Print ein alternativloses Geschäftsmodell. Bildquelle: Patrice Wyrsch.

Auch das Umweltmagazin atmo, als Nachfolger des Greenpeace-Magazins, wird ebenfalls ganz bewusst gedruckt. Die atmo-Redaktion beruft sich auf eine Umfrage unter Leser:innen:

71 % der nachhaltig interessierten Abonnent:innen haben sich klar für Print ausgesprochen. 

Erfolgreiche, gedruckte Fachmagazine

Das Umweltmagazin „atmo“, als Nachfolger des Greenpeace-Magazins, wird mit bewusst bewusst gedruckt. Die atmo-Redaktion beruft sich auf eine Umfrage unter Leser:innen: 71 % der nachhaltig interessierten Abonnent:innen haben sich klar für Print ausgesprochen. Bildquelle: atmo GmbH.

MY ODENWALD ist ein weiteres von zahlreichen Beispielen. Die Herausgeberin und Berufsfotografin Petra Arnold hat ein Special-Interest-Magazin mit regionaler Fokussierung aus dem Nichts erschaffen und ist damit sehr erfolgreich. 

All diese Magazine werden nach den strengen Vorgaben des Blauen Engel DE-UZ 195 gedruckt, was Recyclingpapier und eine umweltfreundliche Produktionsumgebung einschließt. 

Erfolgreiche, gedruckte Fachmagazine

Nischen- bzw. Special-Interest-Magazine sind oft Projekte von kleineren Verlagen oder Publizist:innen. Die Aufwände sind mit denen von großen Flaggschiff-Magazinen vergleichbar.MY ODENWALD ist ein Beispiel dafür, wie gut Print mit den richtigen Inhalten funktioniert. Bildquelle: Petra Arnold.

„Gesundheit liegt im Trend – auch im Zeitschriftenregal”, so auch der bvdm: „Ein Blick auf die aktuellen Magazin-Charts zeigt: Gesundheit ist das dominierende Thema im deutschen Zeitschriftenmarkt”. Platz 1 belegt die „Apotheken Umschau”, auf Platz zwei steht der Titel „Bleib gesund”. Insgesamt finden sich 5 Gesundheitsmagazine in den Top Ten mit einer kumulierten Auflage von 22,5 Mio. Exemplaren. Damit entfallen rund 65  % des gesamten Top-Ten-Volumens (34,7 Mio.) auf Gesundheitstitel. Auf Platz 3 folgt die Zeitschrift „ADAC Motorwelt”. 

Printmedien bleiben zur Information, Aufklärung und Bindung von Zielgruppen stark, wenn die Inhalte stimmen und/oder exklusiv sind. 

Beilagen sind beliebt und oft alternativlos

Auch in anderen Segmenten gibt es reichlich Erfolgsmeldungen, etwa bei klassischen Beilagen im Vergleich zu Handels-Apps. Focus berichtete im Juni 2025: „Laut einer Studie des IFH Köln nutzt die große Mehrheit der Kunden nach wie vor Printwerbung, um Angebote zu finden und ihren Einkauf zu planen. Andere Medien wie Apps sind demnach immer dann für die Kunden keine gleichwertige Alternative.“

Print oder Apps?

Screenshot der Website von FOCUS-Online. Berichtet wird über den Nutzen von Apps im Vergleich zu klassisch gedruckten Beilagen, besonders mit Blick auf die Leser:innen. Bildquelle:
MY FOCUS

Auch NTV berichtet, dass Kunden Papierprospekte vermissen, dort wo sie abgeschafft wurden und sodann weniger bei entsprechenden Marken kaufen.

Die Website baumarktmanager.de berichtete, dass die zentrale Werbung von Obi zwar digitalisiert worden ist, doch diverse Obi-Franchisenehmer eigenständig Prospekte und Beilagen bestellen, weil sie nicht auf diese Mehrwerte verzichten wollen.

Print oder App oder beides?

Screenshot einer Website von NTV. Berichtet wird über eine Befragung des Handelsforschungsinstituts IFH Köln. Demnach ist Print nach wie vor eines der beliebtesten Medien auch in der Markenkommunikation. Bildquelle:
MY NTV

Print boomt – auch in anderen Bereichen

Die Kreuzfahrt-Reederei „Aida Cruises“ hatte sich bereits von Print verabschiedet.

doch nach sieben Jahren kehrt Aida Cruises nun aber zum bewährten Katalog zurück.

Auch hier sind es die Kunden gewesen, berichtet WELT, die sich explizit Print gewünscht haben, schon wegen der Übersichtlichkeit. Natürlich möchte (und muss) die Reederei auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen. In Kreuzfahrer-Foren freut man sich: 

„Post-its reinkleben, gemeinsam blättern, Notizen an den Rand schreiben.“

Das alles ist kein Rückblick auf die 80er-Jahre, sondern geschieht jetzt, obwohl die CEOs und CMOs der digitalen Wirtschaft täglich Purzelbäume hin und her schlagen, um digitale Informationen, Channels und Apparate zu verkaufen. Auch dort, wo digitale Kommunikation weder mit Blick auf die Umwelt noch praktische Vorteile bietet, versucht eine Armee von digitalen Vermarktern seit Jahren, sowas wie einen Gewöhnungseffekt zu etablieren. Zugleich sieht sich die Papier- und Druckbranche selbst in der Defensive. Warum? Gute Frage!

Zurück zu Drucksachen?

Screenshot einer Website WELT. Berichtet wird die Reederei „Aida Cruises”, die nach siebenjähriger Pause wieder auf Print setzen, weil dies die Reisenden explizit gewünscht haben. Bildquelle: WELT

Die Hyperinflation des „Digital Brainfuck”

Zurück zum Anfang: Wie erwähnt, profitiert Print mittlerweile gerade auch vom KI-Boom, denn zum bestehenden Overload bei der digitalen Kommunikation kommt aktuell eine nicht mehr greifbare Menge durch KI generierte Inhalte dazu. Selbst Googles Gemini wirft aus: Seit der Einführung von Tools wie ChatGPT, Midjourney oder Sora hat sich die Geschwindigkeit, mit der neue Inhalte erstellt werden, dramatisch beschleunigt.“ Dabei sind alle KI-generierten Inhalte mehr oder weniger schon da, denn KI crawlt aus bestehenden Quellen und spuckt einen Remix davon wieder aus. Dieses Prinzip erkennen wir an diversen falschen KI-Antworten, wenn schon die Quellen nicht stimmten. Von wegen Zauberkraft.

Status: KI-erzeugte Angebote, wie Bücher, Songs, Videos, Bilder und sonstiger Grabbeltisch-Content, sorgen für immer mehr Inflation bei der Aufmerksamkeit einzelner (Werbe)Botschaften im digitalen Marketing.

Digitaler Overload

Sinnbild für die Hyperinflation bei der digitalen Kommunikation. Die Informationsüberlastung liegt bei rund 98 % in Deutschland. Bildquelle: Pixabay

Angesichts dieses Brainfucks sind die Fokussierung und Aufmerksamkeit gegenüber digitalen Botschaften im freien Fall. Studien legen seit dem Zeitalter des Internets nahe, dass die durchschnittliche Informationsüberlastung in Deutschland bei rund 98 % liegt. Das bedeutet, dass weniger als 2 % der digital angebotenen Informationen tatsächlich genutzt und verarbeitet werden, egal, ob gezielte Werbungen, Handels-Apps, Social-Media-Input oder andere Inhalte. 

Unser Gehirn „muss“ heute eine nie dagewesene Menge an Informationen filtern und verarbeiten. Darum sind wir gestresst und überfordert. 

Das Resultat: stark sinkende Aufmerksamkeit, woran auch KI-basiertes Targeting und Datamining nichts ändern, da auch diese Technologien inflationär zum Einsatz kommen. 

Die Streaming-Plattform Deezer etwa hat 2025 mitgeteilt, dass mittlerweile täglich(!) rund 20.000 komplett KI-generierte Titel in ihren Katalog aufgenommen werden.

Damit reduziert KI die Fokussierung und Wertschätzung einzelner Botschaften dramatisch. Mittelfristig, strategisch gesehen, sind das sehr konkrete und starke Argumente für haptische Medien wie Print!

Diese Inflation erleben wir auch in den sozialen Medien. Eine Studie aus dem Jahr 2024 (GetApp, Grundgesamtheit 1.600 Marken) prognostiziert, dass bis 2026 fast die Hälfte aller von Unternehmen erstellten Social-Media-Inhalte von KI generiert werden. Ungeachtet der Tatsache, dass Menschen gerade beim ersten Touch mit einer Marke Authentizität suchen – emotionale Berührungen, die, digital nicht einholbar, insbesondere von Mensch zu Mensch funktionieren. 

Emotions are the key

Die „totale“ Digitalisierung birgt also längst nicht nur Risiken für die Druckbranche, sondern derzeit stark unterschätzte Chancen für Kreative, Schriftsteller:innen, Autor:innen, Unternehmen oder Handelsketten, die für wichtige Botschaften auf haptische Medien setzen. 

Das Motto: „Make your Message emotional“ – raus aus der digitalen Hyperinflation.

Je gewaltiger all diese digitalen Inhaltswellen über uns hereinbrechen, desto stärker ist die Nachfrage nach Authentizität und Begreifbarem, separiert vom stressigen, digitalen Rauschen. Nichts anderes zeigt sich auch durch oft gescheiterte Versuche, Supports oder Chats komplett zu digitalisieren.

 
Persönlicher Support, Print, statt Digial. Der Mensch ist ein emotionales Wesen und sucht Authentizität.

Persönlichkeit und Haptik sind emotionale Trigger. Für Brands sind diese Emotionen das Fundament für solides Brand Building und Kundenzufriedenheit. Bildquelle: Pixabay.

Demgegenüber boomen menschliche Interaktionen im Kundenservice und machen sich bezahlt, gerade in hart umkämpften Märkten. Menschliche Interaktionen erhöhen die Kundenzufriedenheit. Wie bei Print, wird Nähe und Persönlichkeit als Wertschätzung wahrgenommen. So entstehen Vertrauen und emotionale Bindungen mit der Marke. Komplexere Sachverhalte können schneller und effizienter gelöst werden, trotz KI (vgl. Deloitte-Studie, Zendesk CX Trends Report). 

Der digitalen Inflation begegnen

Im Grunde wissen wir es doch: Niemand wird 30 Handels-Apps auf seinem eh schon überbordenden Smartphone nutzen. Der digitale Raum für Marketing ist endlich, gleich einer modernen Autobahn. Sie führt oft nur in der technischen Theorie schneller zum Ziel. Wenn aber 100 Agenturen für mehrere Tausend Kunden aus derselben Branche zur selben Zeit dieselben Keywords ausspielen, kommt es zum Stau, so auch beim Absatz von mittlerweile Hunderten Kauf- und Handels-Apps. 

Diese Ballung führt zu stark steigenden Einkaufspreisen im digitalen Marketing – die Peripherie-Kosten noch gar nicht inkludiert. 

Das Fazit: Alles ist endlich!

Der Tag hat 24 Stunden. Ein Mensch sollte 6 bis 8 Stunden schlafen, braucht Zeit zum Essen, für Hobbys, für Privates, Kulturelles, Urlaub, Sport, Freunde und so weiter. 

Die verbleibenden Stunden markieren die unverrückbare Grenze der kommunikativen Aufnahmefähigkeit!

 KI kann dieses Naturgesetz nicht auflösen, sei sie noch so smart. Die digitale Überlegenheit in der (Marketing)-Kommunikation bleibt deshalb faktisch oft ein Mythos, egal wie intensiv verschiedene Marketing-Technologien gepusht werden.

Print fokussiert und emotionalisiert  

Print kann sehr nachhaltig sein, macht Botschaften begreifbar und emotionalisiert, vermittelt Vertrauen, Authentizität, Haltung und stärkt die Aufmerksamkeit sowie das Erinnerungspotenzial. Papier macht Marken spürbar, verstärkt Botschaften und fördert das Brand-Building wie keine anderen Datenträger.  

Print ist für freie Agenturen und Marken, schon wegen seiner KI-Resistenz und inmitten der KI generierten Content-Schwemme eine herausragende Nische, die große Handlungsräume öffnet – wenn Agenturen und Druckereien diese und weitere Argumente endlich als elementaren Teil einer guten Beratungskompetenz begreifen.

2 Kommentare

  1. Guido Rochus Schmidt

    Der Beitrag ist hoch informativ. Ich finde in Klasse, lieber Jürgen!!

    Lieben Gruß
    Guido

    Antworten
  2. Jürgen Zietlow

    Hallo Guido,

    vielen Dank. Wir wissen ja beide, dass UmDEX zumeist Beiträge für Leser:innen bereitstellt, die tiefergreifend interessiert sind.

    Auch, dass Interessierte gerne Zeit investieren, um sich zu informieren. Jeder kennt das, wenn ein Urlaub geplant wird oder ein neues Gerät angeschafft werden soll.

    Dann sind sogar viele Stunden gerne investiert.

    Allein für eilige Leser:innen zu verfassen, war, ist und bleibt nicht plausibel. Für Basics gibt es den KI-Grabbeltisch.

    Antworten

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Jürgen Zietlow

Jürgen Zietlow

Datenanalyst, Fachjournalist, Unternehmensberater für nachhaltige Kommunikation

Fokus-Slider f. alle Bereiche
Menschen, die der nachhaltigen Transformation und ihren Gründe skeptisch gegenüberstehen, hegen manchmal auch Zweifel am Green Deal – unweit der Frage, wie wichtig die nachhaltige Medienproduktion ist. Was motiviert Druckereien wie Lokay, weit über gesetzliche Anforderungen hinaus nachhaltig zertifizierte Druckprodukte herzustellen – könnten sie sich doch einfach ein grünes Mäntelchen anziehen, so wie andere? Wissen schafft Klarheit – als Basis für Haltung und Werte. Weg frei für den Fortschritt!

2 Kommentare

  1. Guido Rochus Schmidt

    Der Beitrag ist hoch informativ. Ich finde in Klasse, lieber Jürgen!!

    Lieben Gruß
    Guido

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  2. Jürgen Zietlow

    Hallo Guido,

    vielen Dank. Wir wissen ja beide, dass UmDEX zumeist Beiträge für Leser:innen bereitstellt, die tiefergreifend interessiert sind.

    Auch, dass Interessierte gerne Zeit investieren, um sich zu informieren. Jeder kennt das, wenn ein Urlaub geplant wird oder ein neues Gerät angeschafft werden soll.

    Dann sind sogar viele Stunden gerne investiert.

    Allein für eilige Leser:innen zu verfassen, war, ist und bleibt nicht plausibel. Für Basics gibt es den KI-Grabbeltisch.

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