Klimapolitische Nachhaltigkeit
Waldsetzen.jetzt – Unternehmen pflanzen Bäume

Mit dem Fortschreiten der Klimakrise gerät der Wald immer mehr unter Druck. Das Ausmaß des Waldsterbens in den letzten Jahren übertrifft bei weitem das Waldsterben in den 1980ger Jahren. Damals waren die flammenden Proteste, Demos und Aktionen ein Medienereignis. Angesichts der aktuellen Dimension der Schäden genügt es heute jedoch längst nicht mehr, nur zu protestieren. Die Klimadiskussion verlangt vielmehr strukturiertes gemeinschaftliches Handeln, um den Wald zu retten, wie eine beispiellose Initiative aus Niederösterreich zeigt.

von | März 2022 | Allgemein | 0 Kommentare

Aktionstag Waldsetzen.jetzt, Baumsetzlinge werden geliefert, Bildquelle Christian Pfabigan
Aktionstag Waldsetzen.jetzt, Baumsetzlinge werden geliefert, Bildquelle Christian Pfabigan

Das Waldsterben infolge des Klimawandels findet mittlerweile auch direkt vor unserer Haustür statt. Die heimischen Wälder leiden massiv unter den Folgen steigender Temperaturen, der Austrocknung der Böden und der damit einhergehenden Zunahme von Waldbränden und der flächendeckenden Ausbreitung von Baumschädlingen. Allein im niederösterreichischen Waldviertel mussten in den vergangenen Jahren 13.000 Hektar Wald abgeholzt werden. Dabei sind der Wald und seine Funktionen für die Menschheit unverzichtbar. Wald bedeutet Schutz vor Wind und Schnee und dient als Sauerstofflieferant und Wasserspeicher, Erholungsgebiet und Lebensraum.

Ein regionaler Beitrag zum Schutz des Waldes

Weil ihn der Zustand des Waldes in seiner Region schockiert, initiiert ein lokaler Unternehmer ein Projekt zur Aufforstung, um regional einen nachhaltigen Beitrag zu leisten. Und so nimmt Thomas Göttinger, Chef der Dessertmanufaktur Göttinger GmbH seine Verantwortung wahr. Er finanziert seinen 26 Mitarbeiter:innen einen ganzen Arbeitstag und pflanzt gemeinsam mit ihnen im Mai 2020 rund 3.000 Bäume. Vom Erfolg dieser Aktion beflügelt beschließt der Konditormeister, andere Unternehmen zu kontaktieren und dafür zu begeistern seinem Beispiel zu folgen. Bei Manfred Ergott von der Druckerei Janetschek stößt er mit seiner Idee sofort auf offene Ohren. Ebenso bei Viktoria Hutter, Franz Fischer und Bernhard Zotter vom Waldverband Niederösterreich, die die Verbindung zu den Waldbesitzer:innen herstellen.

Thomas Göttinger, Initiator, Viktoria Hutter, Waldverband NÖ, Manfred Ergott, Druckerei Janetschek, Bildquelle Waldsetzen.jetzt

Durch die Überalterung der Gesellschaft im ländlichen Raum in Kombination mit dem Verlust an landwirtschaftlichen Betrieben wird die Anzahl derer, die heutzutage noch selbständig in der Lage sind, größere Waldflächen neu aufzuforsten, immer geringer. Zusätzlich wächst in Österreich  die Anzahl der Waldbesitzenden ohne eigenen Hof und Ausrüstung. Deshalb stellt die Wiederaufforstung bracher Flächen für Waldbesiter:innen oft ein schwer lösbares Problem dar, wenn im Frühjahr Tausende von Bäumen gesetzt werden müssen. Daher findet es unter Waldbesitzer:innen allgemeine Beachtung, wenn Unternehmen bei der Umsetzung ihrer wirtschaftlichen Strategie zur Arbeitsoptimierung ihrer Mitarbeiter:innen kurz innehalten, und  Betriebsinhaber einen Freiraum für diese kostbare Zeit schaffen, um sie zur Unterstützung der Waldbauern zur Verfügung zu stellen.

„Es kann einem schon mal die Motivation abhandenkommen. Aber zu sehen, wie die verschiedensten Leute mit Freude bei der Sache sind und innerhalb kürzester Zeit so eine Fläche mit 1.700 Bäumen aufgeforstet wird, freut mich sehr.“  Herbert Diesner, Waldbesitzer

Ein Projekt wird zum Erfolg

Waldsetzen.jetzt wurde Anfang 2020 in der Region nördliches Waldviertel in Niederösterreich gegründet – einer der am meisten von Borkenkäferbefall betroffenen Regionen Österreichs. Innerhalb kürzester Zeit gelang es dem Team von waldsetzen.jetzt, 10 Unternehmen, 3 Vereine, 217 Personen, 1 Ausbildungszentrum, 3 Freiwilligengruppen, und 5 Forstfachkräfte von der Wichtigkeit dieses Projekts zu überzeugen. Bereits für das Frühjahr 2021 wurden zehn Aktionstage geplant. Acht davon konnten trotz der durch die Pandemie erschwerten Rahmenbedingungen im Frühling umgesetzt werden. Dabei wurden insgesamt 8.921 Bäume gepflanzt.

Start des Projekts und erste Pflanz-Erfolge, Bildquelle Waldsetzen.jetzt

Waldsetzen.jetzt fungiert als Plattform. Sie ist Anlaufstelle sowohl für Waldbesitzende als auch für Unternehmen. Das Projektteam sucht gemeinsam mit Waldbesitzenden geeignete Waldflächen, die nach Möglichkeit in der Nähe des jeweiligen Firmensitzes des teilnehmenden Unternehmens liegen und die richtige Größe für die Anzahl der Mitarbeitenden aufweisen. Das Projekt stellt dem Waldbesitzenden als auch dem Unternehmen eine Forstfachkraft zur Seite und übernimmt die Öffentlichkeitsarbeit rund um den Aktionstag des jeweiligen Unternehmens. Vor dem Aktionstag lernen Unternehmensvertreterinnen und Waldbesitzer:innen einander kennen und legen Details wie Treffpunkt und Verpflegung fest. Die Waldbesitzer:innen bereiten die für den Aktionstag ausgewählte Waldfläche vorab zum Setzen vor und besorgen die zu setzenden Pflanzen.

Das Große reift im Kleinen

Aus den stark betroffenen Regionen haben im Frühling 2021 zwölf Waldbesitzer:innen ihre Waldflächen für das Projekt angemeldet. Ein Unternehmen stellt zur Aufforstung einen Tag lang seine Mitarbeitenden zur Verfügung und so werden an einem 8-Stunden-Tag, unter fachlicher Begleitung, pro Mitarbeiter:in mehr als 100 Bäume ausgewählter Baumsorten gepflanzt. Dadurch entstehen Mischwälder, die auch Klimaveränderungen überstehen und noch nachfolgenden Generationen einen gesunden Erholungsraum bieten.

Zerstörte Waldflächen, Bildquelle Christian Pfabigan

Die Vision: Heimische Wälder zu Partnern im Klimaschutz zu machen und einen Beitrag dafür zu leisten, dass geschädigte Waldflächen möglichst rasch wieder aufgeforstet werden. Nebenbei entstehen hier wichtige zukunftsträchtige Netzwerke und Initiativen von Menschen, die nicht einfach darauf warten wollen, ob politische Entscheidungsträger die Zeichen der Zeit in politisches Handeln umsetzen, sondern die selbst ihr Leben in die Hand nehmen, um ihre eigene und die Zukunft nachfolgender Generationen nachhaltig zu sichern.

„Zu lange haben wir Menschen auf Entscheidungsträger gewartet, um das Klima zu retten. Das muss nicht sein. Wir haben bereits begonnen, unseren Beitrag zu leisten und werden das auch weiter tun.“ Manfred Ergott

Aktuell wurden seit dem Projektstart von den am Projekt beteiligten Unternehmen und ihren Mitarbeitenden bis Ende des Jahre 2021 insgesamt 11.543 Baumsetzlinge gespendet und 25.251 Bäume gepflanzt. Somit entstanden in diesem Zeitraum etwa 25 Hektar zukünftige Waldfläche, die pro Hektar 13 Tonnen CO2 binden wird, ein Gesamtpotenzial von 325 Tonnen CO2.  Eine Erfolgsgeschichte, die Zukunft hat! Für das Jahr 2022 sind 20 Aktionstage im Frühling und weitere 20 im Herbst geplant. Die Vorgespräche sind vielversprechend und durch weitere Kooperationen wird eine schrittweise Ausweitung der Tätigkeit auf ganz Österreich realistisch.

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Guido Rochus Schmidt

Guido Rochus Schmidt

Autor, Redakteur, Experte für die Nachhaltige Medienproduktion, Lobbyist für die Nachhaltige Transformation

Guido Rochus Schmidt war von 1979 bis 2013 Geschäftsführer der Ulenspiegel Druck GmbH & Co. KG, die 1999 als erste Druckerei Bayerns das EMAS-Zertifikat der Europäischen Union erhielt. Als Umweltexperte betreute er von 1999 bis 2017 die ökologische Fortentwicklung des Unternehmens. Seit 2017 berät der Experte Unternehmen bei allen Fragen der Nachhaltigen Medienproduktion.

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Klimapositivität
​Klimaneutral war gestern, denn der Zeitpunkt an dem sich der Klimawandel verselbständigt, wird schon bald erreicht sein. Die Erderwärmung wird erst dann wieder zum Stillstand kommen, wenn es gelingt, das Gleichgewicht zwischen Ausstoß und Senkung von Treibhausgasen nicht nur zu neutralisieren, sondern ins Positive zu wandeln. Klimapositivität ist daher das Gebot der Stunde,

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